Saturday, February 09, 2008

There Will Be Blood, Paul Thomas Anderson, 2007

Das Kino wird wieder maskulin: Männer, die mit gezückter Waffe in die Dunkelheit gehen (We Own the Night), Männer, die im Badehaus in Blut und Schweiß baden (Eastern Promises). Und jetzt: Männer, die in Löcher steigen und sich im Schlamm wälzen.
There Will Be Blood beginnt großartig: Die Spätphase der Erschließung des amerikanischen Kontinents wird mit wiederkehrenden Motiven dargestellt: Immer wieder sucht man das Glück unter der Erde, immer wieder findet man da vor allem: Matsch und immer wieder kracht schließlich irgendwas von oben auf einen runter.
Begleitet wird dies von episch-atonalen Klängen, die die gesamte erste Stunde des Films prägen. Diese erste Stunde widmet sich neben den Löchern auch der Landschaft, in der gebuddelt wird. Die grandiosen Panoramaaufnahmen dieser ersten Stunde begnügen sich nicht damit, zu überwältigen (obwohl sie auch das tun), sie behalten auch stets ein verstörendes Moment durch die Tatsache, dass die menschlichen Landschafts-Aneignungsversuche sich oft recht hilflos ausmachen zwischen all dieser erdrückenden, aber auch leeren Natur. Stellenweise filmt Anderson Amerika so, als sei es ein Eintwicklungsland.
Die erste Stunde gipfelt in einer gigantischen Ölexplosion: Das Unterirdische kehrt sich nach außen, gebuddelt werden muss also im weiteren nicht mehr. Mit peitschender Musik unterlegt Anderson die Feuersbrunst. Eigentlich hätte der Film hier sein Ende finden sollen.
Leider folgt danach noch eine komplette Spielfilmlänge. Und je mehr Abstand ich zu diesem Nachklapp gewonnen habe, desto deutlicher wird mir: Dieser zweite, größere Filmabschnitt ist in der Tat ziemlich schlecht.
Hier setzt Daniel Day-Lewis zum konzentrierten Großangriff auf den Darsteller-Oskar an. Und Paul Dano auf den Nebendarsteller-Oskar. Und die Landschaft verschwindet zugunsten eines unzusammenhängenden Nebeneinanders von Szenen, die nur auf den Effekt hinprogrammiert erscheinen. Und der Haupteffekt soll eben der Oskargewinn Day Lewis' sein. Und der Nebeneffekt wahrscheinlich irgendein Kommentar zur Verstrickung von Religion, Amerika und Kapitalismus. Doch sobald dieser Kommentar sich von der Landschaft und den Löchern in der Erde löst, wird er zur bloßen Behauptung, die ihren einzigen Halt im exzentrischen Schauspiel der Figuren findet. Und also eigentlich gar keinen.
Auch ist der Film hier epigonal auf eine recht unerträgliche Weise. Am naheliegensten ist der Verweis auf Giant (ein weiteres um eine volle Spielfilmlänge zu lange geratenes Ölbohrerdrama), doch im weiteren finden sich mal mehr, mal weniger deutliche Anklänge an mindestens Citizen Kane, The Godfather, Brian dePalmas Scarface (dies besonders aufdringlich) und, worauf Thomas verweist, Clockwork Orange. Natürlich sind solche Bezüge unvermeidlich nach 113 Jahren Filmgeschichte. Ärgerlich ist nur, dass Anderson, anders als Ridley Scott in seinem tollen, gut sortierten American Gangster, alles auf einmal haben will: Zitatenspiel und größtmögliches Angeberepos, Mythendekonstruktion nach Art des Autorenfilms und Starsystem. Übrig bleibt dann erwartungsgemäß sehr wenig.
Und dabei ist die ersten Stunde des Films so großartig...

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