Monday, April 07, 2008

Kyojin to gangu / Giants and Toys, Yasuzo Masumura, 1958

Masumura zeigt den Kapitalismus von Innen. Das japanische Wirtschaftswunder hat gerade erst begonnen und wohin es letztlich führen wird, ist noch lange nicht abzusehen. Ob japanische Kinder wirklich auf beknacktes Weltraumspielzeug stehen? Die Manager in der Firmenzentrale haben zumindest schon einmal ihren Spaß mit dem Plastikzeug. Amerika ist das große Vorbild, zum Konkurrenten fühlt man sich noch lange nicht geeignet. Noch verdeckt das Staunen ob der neuen Möglichkeiten jeglichen Zweifel. Wenn überhaupt, dann kollidiert der Kapitalismus mit dem traidtionellen Melodrama, nicht mit den von ihm selbst hervorgebrachten Problemen.
Mitten drin Kyoko: Die verkörpert exemplarisch das beängstigende wie das befreiende Moment des amerikanisierten Wirtschaftens. Kyoko ist nicht mehr angewiesen auf den Habitus der alten Eliten. Dafür bleibt sie jenseits ihres reinen Marktwerts völlig substanzlos. Bei ihrem ersten Auftreten in einem Cafe ist ihr Gesicht von Konsumprodukten gerahmt. Am Ende wird es dann hinter den Blumensträußen ihrer Verehrer verschwinden. Sie ist an den Mann gebracht worden. Dazwischen bringt sie mit ihrem kariösen Lächeln nicht nur den Süßwarenmarkt, sondern auch eine Jugendfreundschaft durcheinander.
Wie stets mit viel Energie entwirft Masumura die Satire. Aber vor allem: Bei allem Übermut ungeheuer genau (mit japanischen Komödien / Satiren habe ich sonst oft meine Probleme, aber hier funktioniert fast alles, trotz mancher Albernheit). Sehr schön sind die Überblendungsmontagen, wenn zum Versuch, ein Feuerzeug zu entzünden, der Warenkreislauf in Schwung kommt. Schön sind einige Momente der Öffnung: Der Kuss im Cabrio unter der Werbetafel, eine wilde Nachtclubszene, die von den Jugendlichen entfremdeten Angestellten in der Kneipe zu Filmbeginn, die Apokalypsenminiatur am Filmende. Und seismografisch ist der Film vor allem in einer verwirrenden Sequenz, in der eine der drei Süßwarenfirmen, um die sich die Handlung dreht, auf die Idee kommt, mit inszenierten politischen Demonstrationen für ihr Produkt zu werben. Zwei Jahre später werden eben solche Demonstranten einen Eisenhower-Besuch in Tokyo verhindern.

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