Monday, April 21, 2008

Out 1, noli me tangere, Jacques Rivette, 1971 - 1990: Fragmente

Kapitel 2: Arsenal, das verpeilteste Mitglied von "Sieben gegen Theben", ist in einer Probenpause im Bildhintergrund mit irgendetwas beschäftigt, man sieht nicht genau womit, aber irgendwann stürzt er und reißt eine kleine spanische Wand mit sich zu Boden. Dann rennt er weg.

In ein Gespräch ganz am Ende der Folge zwischen zwei Frauen (ich glaube Lili und Lucie, letztere ist vom Rest des Casts, eventuell mit Ausnahme Etiennes, durch eine Klassenschranke getrennt) dringen plötzlich Großaufnahmen ein. Das Thema des Gesprächs (Igor) spielt die nachfolgenden 4, 5 Stunden keine Rolle mehr, wird dann aber noch sehr wichtig.

Kapitel 3: Frederique geht mit einem Fußballer auf ein Hotelzimmer. Der erwartet Sex, ist aber eher belustigt, als verärgert, als seine Begleitung nicht so recht zur Sache kommen will. auf seine Frage, was sie studiere antwortet sie: "Philo" - Pause - "-sophie".

Wunderschön ist das Ende der Episode. Thomas frühstückt mit Sarah in deren Haus. Anschließend verlassen beide das Zimmer und die Einstellung durch eine Tür in der Bildmitte. Zurück bleibt ein impressionistisches Gemälde voller leuchtendem Gelb.

Kapitel 4: Noch schöner das Ende des vierten Kapitels: Thomas hat einem Kind, das bei Nicole wohnt, eine Schildkröte mitgebracht. Zunächst beginnt das Kind, recht rabiat mit dem armen Tier zu spielen, irgendwann scheint es sich aber mehr für die Kamera zu interessieren und blickt recht lange direkt in den Zuschauerraum.

Kapitel 5: Der Flirt zwischen Colin und Nicole will nicht so recht in Schwung kommen. In der Hippie-Bücherei nähert er sich ihr immer wieder, doch stets kommt etwas dazwischen. In der mehrmals unterbrochenen Szene scheitert immer wieder sein Versuch, ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Meist befinden sich die beiden in unterschiedlichen Bildebenen. Seltsam verschachtelt sind die Räume, wie sonst nur selten im Film, der seine Verschachtelungen auf völlig andere Art und Weise und seltsam nebenbei, als puren Effekt, erzielt.

Die Sieben-gegen-Theben-Gruppe sucht den Dieb Arnoud (der später in einer wundervollen Szene gemeinsam mit Frederique vor einem Schloss sitzen wird) und breitet vor sich eine Karte von Paris aus. Die strikte räumliche Logik derselben hat mit der des Films (in dem wie aus dem Nichts manchmal im Hintergrund der Eiffelturm auftaucht) nicht das geringste zu tun. Folglich ist die Suche von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Kapitel 6: Marie hat während der Suche nach Renaud dieselbe naiv-kindisch-verspielte Ernsthaftigkeit an sich wie während der Theaterproben und tanzt zwischen fahrenden Autos herum.

Kapitel 7: Die letzten Theaterproben funktionieren nicht mehr, erstmals kommt es zum handfesten Streit. Das Theater hat sich in Richtung Leben entgrenzt und sich selbst überflüssig gemacht (oder so ähnlich, die letzte längere Theaterprobe scheint einer ähnlichen Logik zu Folgen wie der gesamte Film; deshalb vielleicht besser: Das Theater hat sich in Richtung Rivette entgrenzt). Am Ende macht sich eventuell das Leben (Rivette) dann selbst überflüssig.

Kapitel 8: Von den geschätzten zehn Enden, die Rivette anbietet, gefallen mir die Versionen "David Lynch" und "Louis Feuillade" am Besten. In seiner Dreistigkeit ist aber Rivettes Auswahl nur konsequent (und ergibt, habe ich mir sagen lassen, im Kontext seines gesamten Werkes gleich noch mehr Sinn).

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