Thursday, June 17, 2010

"Film"-Serie, deco dawson, 1998-2001

Eine wunderschöne Entdeckung, die ich dem Betreiber dieses schönen Blogs zu verdanken habe: deco dawson war an einigen Arbeiten Guy Maddins als Editor beteiligt, unter anderem hat er den großartigen Kurzfilm The Heart of the World montiert. Sein eigenes Regiewerk entfaltet sich seit den späten Neunziger Jahren in unmittelbarer ästhetischer Nähe zum berühmtesten Filmemacher Winnipegs. Die Film-Serie besteht aus fünf kurzen Streifen, gedreht auf 8mm in schwarz-weiß, nahe am expressionistischen Stummfilmstil und, wer The Heart of the World gesehen hat, kann sich darüber kaum wundern, sind zuerst einmal großartig montiert.
Allerdings ist deco dawson nicht einfach nur ein Maddin-Epigone. Seine Filme haben, zumindest auf den zweiten Blick, außerhalb ihrer Materialität nicht viel mit dessen Werk gemein. Eigentlich produziert deco dawson sogar Bilder ganz anderer Art, viel reduziertere Bilder, die sich zum bloßen Schattenspiel hin entgrenzen. Ein hart beleuchtetes Gesicht, ein strahlender Gegenstand vor schwarzem Hintergrund, das ist oft alles. Dazwischen dann manchmal gespenstisch anmutende Landschaftsaufnahmen, Bilder einer Welt, von der der Betrachter vieleicht doch etwas grundlegender abwesend ist, als Cavell das fürs gesamte Medium postuliert. Wobei, vielleicht ist es doch anders herum und in Werken wie dem komplett wahnwitzigen Film(emend) zeigt sich erst die gesamte Reichweite dieser Idee, weil eben auch da die Kamera nicht anders kann, als einen Weltbezug herzustellen und sei der auch noch so verschroben.
Im Grunde ist der Bezug auf Filmgeschichte diesen Filmen nicht konstitutiv, oder zumindest nicht im selben Maße wie zB Maddins Careful. Eigentlich zielen die Filme auf Zeitloses, sozusagen eher auf das, was analytisch im Medium drin steckt, denn auf eine bestimmte Aktualisierung dieses Potentials. Die Reduktion ist kein nachgestellter Primitivismus, sondern eher Versuchsaufbau (allerdings ohne jede Versuchsbeschreibung. Nur folgerichtig ist dann auch, dass deco dawson sich inzwischen ganz anderen filmästhetischen Mustern zuwenden zu scheint.
Film(emend) zeigt einen Mann, der Schuhe cremt und poliert, erst gemächlich, dann zunehmend manisch. Dann klettert er über eine Mauer und trifft auf der anderen Seite auf noch mehr Schuhe. aber er hat sein Schuhputztuch vergessen. Statt dessen greift er zu einem Buch, reisst dessen Seiten heraus und trägt auf ihnen die Creme auf. deco dawson entwirft keine Allegorien, er interessiert sich für Desintegration und psychotische Reorganisation von Materie. Objekte, die außer Kontrolle geraten, Subjekt-Objekt-Beziehungen, die auf einmal wieder völlig neu ausgehandelt werden können. Die Welt scheint oft von Einstellung zu Einstellung zu zerfallen und sich wieder neu, aber (semantisch?) verschoben, zusammen zu setzen.
Die Filme werden dann doch langsam barocker, Höhepunkt ist der letzte und mit gut 20 Minuten längste Teil der Reihe, Film(dzama). Die Objekte sind diesmal Zeichnungen und die werden lebendig. Ein ganz eigener, seltsam hybrider, zwischendrin auch ein wenig pornografischer Schöpfungsmythos.
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Film(knout) (2000):

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