Sunday, September 26, 2010

Wasser

In zwei Filmen, die am letzten Donnerstag in den deutschen Kinos angelaufen sind, stehen Menschen mit den Füßen im Wasser. Rebecca Hall wird in The Town von ihren Entführern gleich zu Beginn, noch vor dem Titelschriftzug, gen Ufer geschickt, mit verbundenen Augen. Sie darf erst wieder sehen, wenn sie das Wasser an ihren Füßen spürt. In Dinner for Schmucks läuft Steve Carell dagegen von selbst ins Wasser und Paul Rudd, der ihn nur indirekt hinein getrieben hat, folgt und stellt sich neben ihn.
Die Wasserszene in Ben Afflecks eigentlich schon okayem white-trash-Bankräuber-Thriller gibt sich viel Mühe, aus dem Gang ins Wasser einen großen Kinomoment zu zimmern. Handkamera, hyperreales Glänzen, flirrende Luft, vielspuriges Geschwurbel auf der Soundspur. Wenn der Film später flashbackend noch einmal auf dieses Bild zurück kommt, wirkt es einfach nur noch grob zusammen gezimmert, wie alles, was an dem Film mehr als Gesichter- und Milieustudie ist. Jay Roach schneidet dagegen mit berückender Schlichtheit in die Totale und schafft ein einleuchtendes Bild von Egalität - eines von vielen in seiner großartigen Komödie; beziehungsweise ist das eigentlich nur ein Bild einer Utopie von Egalität, einer Egalität, die der Film ganz einzuholen gar nicht vorgibt. Die Utopie realisiert sich lediglich im Abspann, in Form ausgestopfter und kostümierter Mäuse. Die vorangegangene, ziemlich beängstigende Imagination der Unterschicht als "Freaks mit besonderen Fähigkeiten" wird mit dem Abspann ebenso wenig durchgestrichen wie die präzise Analyse der Träger dieser neoliberalen Aufsteiger-Imagination.
Man könnte Affleck mit dem Hinweis verteidigen wollen, dass es ihm nicht um die Semantik des mit-den-Füßen-im-Wasser-Stehens gehe, sondern um ein reines Wahrnehmungsbild (Verschaltung von Sinneseindrücken). Aber dem könnte man dann wiederum entgegen halten, dass es doch wieder nur der Jay-Roach-Film ist, der sich, nach dem Verlassen des Teichs, für das Schwappen in durchnässten Designerschuhen interessier, in denen Paul Rudds, genauer gesagt. Das Herz des Hollywoodkinos schlägt auch weiterhin in Komödien.

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