Friday, July 01, 2011

Gloria, John Cassavetes, 1980 (American Eighties 4)

Einer der schönsten amerikanischen Filme des Jahres 1980. Vielleicht der schönste Filmanfang des Jahres 1980.
Warme, flächig gemalte Bilder gehen über in fast abstrakte Großstadtaufnahmen. (Nicht nur wegen der Musik, die darunter liegt, erinnert das dann ausgerechnet an The Exterminator, den rabiaten, zynischen Gegenentwurf zu Cassavetes' ironsich-sanftem Humanismus.) Die Kamera fährt zuerst nur an Hochhausfenstern entlang, an Mustern leuchtender Quadrate, dann taucht zum ersten Mal das im Film auch später wichtige (nicht narrativ, aber als visueller Anker) Yankee-Stadion auf. Es wird langsam hell, die Musik beschleunigt sich, wird rhythmuslastig, langsam dringt auch der Straßenlärm in den Film. Jetzt ist es weniger ein schwebender Kamerablick (vorher: ausholende Gesten, musikalisch wie visuell, eine Serie von Bewegungen, die eher etwas loslassen, als etwas zu greifen bekommen wollen, die Freiheitsstatue passt auch noch in den Film, sie markiert die Grenze zwischen Tag und Nacht), als ein scannender, einer, der bereit ist, einzurasten, wenn er etwas interessantes entdeckt (eine Brücke, noch einmal das Stadion, ein Bus, die Kinder, die sich hinten an den Bus klammern und schwarz mitfahren; eine Serie von Fokussierungen, die aber nicht besonders zielstrebig sind, etwas Zögerliches haben und deshalb auch irgendwie immer alternative Möglichkeiten zu enthalten scheinen: eine andere Brücke, ein anderer Bus, eine andere Geschichte). Dann ein Sprung in den Bus, der Film hat seinen ersten Ort gefunden, die Kinder rennen im Hintergrund davon. Ein Kameraschwenk auf eine junge Frau, die erste Protagonistin des Films. Gloria selbst kommt erst später, die ersten Minuten des Films gehören Julie Carmen (die ich auch in einem anderen New-York-Film desselben Jahres entdeckt habe, in Robert Butlers äußerst unangenehmem Night of the Juggler, da wird ein Ney York gezeigt, in dem man niemandem trauen kann, in dem selbst harmlose Passanten durch Autoscheiben hindurch wie blutrünstige Zombies beäugt werden). Julie Carmen schaut erst zu Boden, dann blickt sie auf, in Richtung Kamera. In dieser einen Bewegung liegt schon die ganze Schönheit des Cassavetes-Kinos. Es genügt nicht, dass der Film sie ("eine Frau aus der Menge") auswählt, als eine Figur, als seine Figur. Sie selbst muss entscheiden. Durch ihre eigene Kopfbewegung (aber was für eine Melancholie in ihrem Blick liegt...) ist sie in den Film eingetreten, hat ihn angestoßen.










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