Friday, July 06, 2012

Hogaraka ni ayume / Walk Cheerfully, Yasujiro Ozu, 1930

Die Erzählung selbst ist noch etwas schleppend: Ein Gangstermelodram, das sich nicht so ganz klar darüber zu sein scheint, was diese Gangster eigentlich so treiben.Sie spielen offensichtlich gerne Billard und gelegentlich boxen sie, oder trainieren jedenfalls (Kamerafahrt weg vom Plakat einer boxenden Frau, dann der Schnitt auf eine Kamerafahrt weg vom Sandsack). Und manchmal erpressen sie mit erotischen Tricks Geldbeutel von Tölpeln, die irgendwie auch selber Schuld sind. Das ist schon der Höhepunkt der Devianz. Sie tragen Hüte, schreiende Schals und Fliegen und auch schon Tattoos. Sie prügeln sich gerne. Aber der "ehrliche Weg" ist trotzdem verlockender, man weiß nicht so recht warum. Das Junggesellenzimmer mit englischsprachigem Gedicht und aufgezeichneter Silhouette an der Wand und mit Trompete sieht eigentlich ziemlich toll aus, im bürgerlichen Leben dagegen lauern die Schwiegermütter hinter ihren Teekesseln. Ein junger Gangster steigt aus, seinen kleinen, untersetzten, stets fröhlichen Kumpel nimmt er dabei mit. Aber der macht sowieso immer dasselbe wie er (eine komische sidekick-Figur, nicht unähnlich einer anderen in Mizoguchis Home Village, die in Bologna nicht nur mich verwirrt hat).



Toll ist der Film trotzdem. Schon der Anfang, der die Geschichte langsam aus dem öffentlichen Raum destilliert, vermittelt durch verschiedene Verkehrsmittel: Autos, Rikschas, Eisenbahn. Vor allem aber, weil Ozu zum ersten Mal (soweit man das beurteilen kann angesichts des fragmentarisch überlieferten Frühwerks) die Dingwelt mobilisiert. Noch gar nichts hat das von Stillleben, im Gegenteil, Ozus Dinge sind noch in ständiger Bewegung, sie treiben die Handlung regelrecht an: Zigarettenstummel, die auf den Boden geworfen werden, Papier, das zerfetzt wird (2x), Rollläden, die geöffnet und wieder heruntergelassen werden, flatternde Wäsche im Wind, Menschen setzen Hüte auf und ab, auch die Schreibmschinen tragen so etwas ähnliches wie Hüte. Serialisierte Dinge meistens. Auch der Mensch wird zum serialisierten Ding, vor allem im Tanz. Denn das hatte ich bei der Aufzählung vergessen: Gangster tanzen gern. Gemeinsam. Regelrechte Choreografien sind das. Das privilegierte Dingliche am Menschen aber sind seine Beine. Auf die ist die Kamera ganz versessen. Mal laufen die Beine gerade und flüssig, mal stockt der Schritt, mal legen sie ein paar Tanzschritte ein. Beine, und was man mit ihnen machen kann.

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