Tuesday, April 29, 2014

Abdu Mouta, Ismail Farouk, 2012

Noch einmal In-flight Entertainment: Eine ägyptische Ganster-Martial-Arts-Familienmelo-soap-opera, eingeleitet von einer parkour-Verolgungsjagd über Kairos (?) Dächer. Abdu Mouta kommt danach ins Gefängnis, nach einem Zeitsprung gleich wieder frei, er kehrt zurück in sein Viertel, wo es von nervösen, finsteren Typen und nervösen, schwitzenden Frauen nur so wimmelt. Abdu Mouta selbst ist sowieso das reinste Nervenbündel. Bei jeder Gelegenheit zieht er erst sein T-Shirt aus, präsentiert seinen schlanken, durchtrainierten Oberkörper, dann zieht er eine Waffe, zum Beispiel um die Ehre seiner zickigen Schwester zu verteidigen. Die Frauen dürfen sich nicht ausziehen, aber die Kamera fährt immer wieder ganz nah an ihre Körper heran, die sich unter dem Stoff ihrer Kleider abzeichnen. Der Film trieft vor Sex, ganz besonders in der ersten song-and-dance-Nummer, die Abdu Moutas Rückkehr ekstatisch feiert.

Das Erregungslevel bleibt auch danach hoch, wird aber nicht mehr lustvoll gemeinsam, sondern antagonistisch ausagiert. Alles Begehren richtet sich auf Abdu: Ein lokaler Gangsterboss will ihm an die Gurgel, hetzt ihm finstere Typen auf den Hals. Seine Kumpels von frühen schmeißen sich an ihn ran, mit vielleicht nicht immer redlichen Motiven. Und diverse Frauen schleichen um ihn herum, eine erwartet ein Kind von ihm, einer anderen wird er zur Heirat versprochen, in eine dritte verliebt er sich (und für die gibt er, glaube ich, das Dealen auf und wird Brotverkäufer, diverse kleinere und größere Plotpoints haben sich mir nicht so recht erschlossen auf dem winzigen Bildschirm, auf dem es sogar schwer fällt, die Frauen voneinander zu unterscheiden).

Dann noch seine Schwester, die ihm vorwirft, als excon Schande über die Familie gebracht zu haben und die er seinerseits immer mal wieder zu ihrem eigenen Guten züchtigt; der Film ist in Sexismus getränkt, aber nicht im Sinne einer Moral, sondern im Sinne einer Ökonomie: das Problem am permissiven Verhalten der Frau ist nicht, dass es sie zu einem schlechten Menschen macht, sondern dass es sie auf dem Heiratsmarkt entwertet. Dass der Film das als eine Bedingung sozialer Existenz voraussetzt und kein bisschen zur Diskussion stellt, verstört. Dass das Begehren trotzdem immer wieder über die engen Grenzen hinaus schießt, die diese sexistische Ökonomie setzt, ist umso ergreifender. Ein Exzess an Gefühl, mit dem der Film nichts anzufangen weiß, weil seine Figuren nichts mit ihm anfangen dürfen.

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