Thursday, October 23, 2014

Die reichen Leichen. Ein Starnbergkrimi, Dominik Graf, 2014

Schon eher ein minor Graf, beschwert vom Formatierten: Als police procedural effektiv und kompetent, aber viel mehr nicht, als Provinzposse / -satire nicht einmal das (keinerlei Erkenntnisinteresse am Provinziellen vor allem, man vergleiche diese Reißbrettwitzeleien einmal mit den liebevoll eingesammelten Details in Glawoggers nun leider letztem Film Die Frau mit dem Schuh; aber auch nicht wie in Doktor Knock völlig abgedreht, eine eigene Welt setzend). 

Die Schwäne und die kleinen Splatterfilminseln sind schön. Dass der Film mir gefallen hat, liegt aber vor allem an der Familiengeschichte, die für mich sein eigentliches Zentrum ist. Da schließt Die reichen Leichen an die Markus-Busch-Melodramen an, insbesondere an Deine besten Jahre und Bitter Unschuld: Das Geld, das alle Beziehungen verformt, und selbst noch den Modus der Ausbruchsversuche bestimmt. Toll sind die Szenen, in denen Rita und ihr Ex an den tollen, angewinkelten Fensterfronten stehen, in denen die Blicke vom Starnberger See auf den / die einstig Geliebte/n schweifen.

(Eher willkürliche Assoziation dazu: Die Szene in Miami Vice, in der Farrell und Foxx vor dem riesigen Glasfenster stehen und aufs Meer blicken, das sich in der filminternen Logik in Richtung Kuba öffnet; bei Graf hat mir die eigentlich abstruse Idee, dass ausgerechnet der Starnberger See von der Polizei nicht zu kontrollieren sein soll, sehr gut gefallen). 

Auch die Geldmetaphorik passt zu den Busch-Melodramen, als deren Literalisierung: die eingeschweißten Geldbündel, die hart sind und töten können "wie Kugeln", bzw wie Handkantenschläge ins Genick. Das Geld ist nicht mehr Zeichen für den Mehrwert, der anderswo (in den Fabriken der Busch-Melodramen zum Beispiel) erwirtschaftet wird, steht nur noch für sich selbst.

Toll ist die in jeder Szene ein wenig anders agierende, im besten Sinne unroutinierte Annina Hellenthal, die mal souverän nackt aus dem Wasser steigt, mal sich linkisch die Uniform zurecht rückt, wenn Florian Stetter aufkreuzt, und einmal im Polizeiwagen mehrmals versucht, das Wort "Leidenschaft" leidenschaftlich auszusprechen.

No comments: